Zur anerkannten Führungskraft werden sie nicht durch ihre Position, sondern durch ihre Persönlichkeit. Dabei gibt es nicht die geborene Führungspersönlichkeit. Diese haben wir im Laufe unseres Lebens entwickelt oder können sie noch (weiter) entwickeln. Welche Haltung kennzeichnet eine Führungspersönlichkeit? Und wie trägt sie zur Stabilität in einer sich ständig wandelnden Arbeitswelt bei?
Unternehmen stehen heute vor der Herausforderung des fortlaufenden Wandels. Der Wandel ist die neue Kontinuität. Auch Betriebe mit jahrzehntelanger Tradition müssen sich dieser Realität stellen. Sicherheit und Erfolg fanden viele Betriebe in den stabilen Strukturen und Prozessen. Routine und stabile Abläufe machten Arbeiten planbar. Das ist zum Teil noch heute so – und es ist gut so. Doch parallel dazu hat sich durch die Schnelllebigkeit unserer Welt und die Vielzahl an unterschiedlichen Kundenanforderungen durch Individualisierung der Gesellschaft und Globalisierung der Wirtschaft der Anspruch an individuell zugeschnittene Produkte und Dienstleistungen explosionsartig vermehrt. Obwohl Veränderung ein Grundmerkmal des Lebens und damit etwas völlig natürliches ist, ist sie auf der anderen Seite eine Bedrohung für unser Bedürfnis nach Sicherheit.
Ein Begriff, der diese veränderte Marktsituation beschreibt, ist das Akronym VUCA (Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität). Dieser Begriff wurde Mitte der 90er Jahre beim amerikanischen Militär geprägt, als nach dem Zusammenbruch des Sozialismus nicht mehr der eine klare Feind zu erkennen war, sondern nun mehrere mögliche Feinde mit einer Vielzahl an Taktiken und Vorgehensweisen erkannt und bekämpft werden mussten. Übertragen auf die Arbeitswelt bedeutet das: Wir haben es nicht nur mit Veränderung an sich zu tun, sondern auch mit Unsicherheit, Ungewissheit und Kontrollverlust. Es ist ein „Nicht wissen, was die Zukunft bringt“.
Während sich die Unternehmen dem Wandlungsbedarf oft stellen, verweigern sich viele Mitarbeiter den Change-Prozessen. Sie sind regelrecht blockiert, weil sie einer Orientierungslosigkeit landen, die sie z.B. aus Angst vor Fehlern handlungsunfähig macht. Wie können sie diese Menschen aus ihrer Blockade befreien und zu einer Performance führen, die sie mit Freude und Begeisterung erreichen?
Kompetenzsteigerung statt Leistungsdruck
Wer seine Mitarbeiter unter Druck setzt, um maximale Leistung aus ihnen herauszuholen, wird ironischerweise nur das Minimum bekommen. Warum? Unter Druck neigen Menschen dazu, nur so viel Leistung und Einsatz aufzubringen, wie nötig ist, um dem Druck Stand zu halten. Sie geben also nur das Minimum ihrer Möglichkeiten her, um den Anforderungen gerecht zu werden. Das volle Potenzial der Kompetenzen, das sie in sich tragen, wird dann außerhalb der Arbeit in der Freizeit ausgelebt. Was würde es für ihr Unternehmen bedeuten, wenn ihre Mitarbeiter mehr davon in ihre Arbeit einbringen können? Und wie würden sich Sinnerfüllung und Verbundenheit ihrer Mitarbeiter entwickeln, wenn deren Potenzial im Unternehmen mehr erwünscht ist und eingebracht werden kann?
Je unsicherer unsere Arbeitswelt wird, desto wichtiger wird die Stabilität und Verlässlichkeit des Miteinanders. Dies verlangt von der Führungskraft eine innere Haltung, die gewünschten Werte vorzuleben. Denn Führen bedeutet zuallererst Verantwortung für andere Menschen zu tragen und ihnen durch die Führung zum modellhaften Vorbild zu werden. Denn eine alte Erkenntnis aus der Kinderziehung lautet: „Was hilft die beste Erziehung, wenn die Kinder doch alles nachmachen.“ Ähnliches gilt für die Vorbildfunktion der Führungskraft gegenüber den Mitarbeitern.
Die eigenen Werte zu reflektieren und sich auf sie zu fokussieren ist eine der wichtigsten Aufgaben, die sie als Führungskraft zu einer Führungspersönlichkeit reifen lässt. Zusammen mit der Klarheit über ihre handlungstreibenden Motive und der genauen Ausprägung ihrer elementaren sozialen Grundbedürfnisse entwickeln sie einen inspirierenden Einfluss auf ihre Mitarbeiter. Je mehr sie diesen Prozess in sich weiterentwickeln, desto besser werden sie ihren Mitarbeitern helfen können, deren Persönlichkeit und soziale Kompetenz zu entwickeln.
Dabei hilft es, auf Fragen wie die folgenden Antworten zu finden:
- An welchen Werten orientiert sich mein Handeln?
- Mit welchem Menschenbild begegne ich meinen Mitmenschen?
- Was stellt für mich glaubwürdiges Handeln dar?
- Wer sind meine Vorbilder und warum?
- Wie sind für mich Erfolg und Wertschätzung definiert?
- In welchen Situationen fühle ich mich besonders sicher und warum?
- Für welches größere Ziel lebe ich?
Wenn sie als Führungspersönlichkeit ihre Antworten auf diese Fragen aufschreiben, werden sie selbstreflektiert, authentisch und inspirierend auf andere wirken. Damit geben sie Sicherheit in Zeiten, in denen der Wandel der Strukturen – und damit die Unsicherheit – die neue Kontinuität ist. Diese Sicherheit beruht auf der Stabilität ihrer Persönlichkeit und der sozialen Verlässlichkeit, die sie damit bieten. Im Rahmen dieses sicheren Miteinanders können ihre Mitarbeiter jeweils ihre Persönlichkeit entfalten, denn sie wissen, dass sie von ihnen als Führungskraft gefördert und unterstützt werden.
Durch ihre Führungspersönlichkeit und wie sie diese beständig weiterentwickeln werden sie ganz automatisch eine Transformation des Betriebsklimas und der Unternehmenskultur bewirken, die bei ihren Mitarbeitern eine starke emotionale Verbindung mit ihrem Unternehmen fördern wird. Wenn Mitarbeiter ihrem Unternehmen emotional stark verbunden sind, werden sie ihnen und ihrem Unternehmen lange erhalten bleiben, weniger Fehlzeiten verursachen und mehr Energie für das operative Geschäft haben.
Über die Haltung der Führungspersönlichkeit entstehen Beziehungen zu Mitarbeitern und zwischen Mitarbeitern und Unternehmen. Der Mensch und seine Bedürfnisse müssen insbesondere in den heutigen Zeiten des beständigen Wandels im Mittelpunkt stehen. Eine Aussage, der jeder sofort zustimmt, die aber nur selten so vorgelebt wird. Denn sie bedeutet in der Konsequenz ein Abrücken von reinen Methoden und Techniken und stattdessen eine intensive Auseinandersetzung mit der Wertekultur des Unternehmens und der Führungskräfte.
Klicken Sie hier für ein kostenloses Erstgespräch
9 Merkmale erfolgreicher Führungskräfte
Welche Merkmale zeichnen eine gute Führungskraft aus? Was ist eine erfolgreiche Führungspersönlichkeit? Aus meiner Erfahrung und der Begleitung vieler Führungskräfte sind es die folgenden Merkmale, die eine besondere Rolle spielen:
1. Ein klares Wertesystem
Ein klares Wertesystem hilft der Führungskraft im Alltag bei vielen Entscheidungen. Diese Klarheit und Verlässlichkeit gibt den Mitarbeitern Sicherheit, weil sie wissen, woran sie sind. Wenn sie beständig erleben, dass ihr Chef seinen Werten treu bleibt oder die Entwicklung der eigenen Werte immer wieder transparent macht, werden sie ihm Vertrauen und Achtung entgegenbringen. Die ganze Energie ihrer Mitarbeiter wird dann in die Wertschöpfung des Unternehmens fließen, da sie nicht aus Sorge vor der Unberechenbarkeit des Chefs mit angezogener emotionaler Handbremse arbeiten müssen.
2. Klare Ziele
Wenn sie als Vorgesetzter ihre Ziele ganz klar haben, können sie diese auch ihren Mitarbeitern vermitteln. Und wenn sie besonders gute Führung praktizieren, haben sie ihre Ziele auch im Blick auf die Potenziale ihrer Mitarbeiter gesetzt. Dann können sie ihnen
vermitteln, wie diese genau zur Erreichung der Ziele beitragen können. Das gibt Handlungssicherheit und trägt dazu bei, dass weder Zeit noch Ressourcen verschwendet werden. Alle können effizient arbeiten und die Ziele erfolgreich erreichen. Das reduziert Verzettelung und Unzufriedenheit.
3. Führungspersönlichkeiten wissen, was sie (nicht) können
Je besser sie sowohl ihre Stärken als auch ihre Grenzen kennen, desto einfacher können sie ihre Überlastung reduzieren oder sogar vermeiden. Es ist ein herausragendes Merkmal einer guten Führungspersönlichkeit, genau zu wissen, welche Aufgabenbereiche sie loslässt und delegiert, damit die beste Ergebnisse erreicht werden. Wenn sie exzellent führen werden sie sogar gezielt nach Leuten suchen, die in den Bereichen, die sie delegieren wollen, besser sind als sie. Denn nur dann werden sie Freude am Delegieren haben und Menschen mit ihrem besonderen Potenzial die Möglichkeit zur Entfaltung bieten. Das wird sich bis hin zur gezielten Mitarbeitersuche auswirken und ihre Auswahlkriterien fokussieren. Denn wenn Mitarbeiter bei ihnen das tun können, was sie am Besten können, stärken sie deren Selbstvertrauen und -bewusstsein.
4. Selbstdisziplin der Führungspersönlichkeit
Je mehr sie sich auf die Umsetzung ihrer Stärken konzentrieren, desto weniger werden sie im Arbeitsalltag mit Aufgaben konfrontiert sein, die sie ungern machen. Trotzdem gibt es sie. Wenn sie diese dann trotzdem engagiert und zielorientiert angehen und nicht dem Lust-Prinzip folgen, werden das ihre Mitarbeiter wahrnehmen – und ihrem Vorbild aus Spaß am gemeinsamen Arbeiten folgen. Ihre Fähigkeit zur emotionalen Selbstregulation, mit der sie auch unangenehme Aufgaben schnell erledigen oder sinnvoll delegieren wird das Erreichen guter Ergebnisse bei allen steigern.
Klicken Sie hier für ein kostenloses Erstgespräch
5. Führungspersönlichkeiten reflektieren ihr Verhalten
Wie stark ihre Führung ist misst sich auch daran, wie kritikfähig sie sind. Gute Führungskräfte nehmen sowohl von Mitarbeitern Feedback an wie auch von externen Coaches. Ja, sie suchen regelrecht danach, weil sie wissen, dass sie sich in einem ständigen Transformationsprozess befinden, in dem sie bewusst die ständige Verbesserung suchen. Auch scheinbar unberechtigte Kritik nehmen sie dann gelassen entgegen, weil sie die verschiedenen Ebenen der Kommunikation kennen und wissen, dass nicht jede Kritik sie als Person betrifft, sondern auch eine Selbstoffenbarung des Mitarbeiters sein kann.
6. Lernbereitschaft und Ehrgeiz einer Führungspersönlichkeit
Top-Führungskräfte wollen eine hohe Wirkung erzielen. Denn sie wissen: Eine Top-Performance – auch im Bereich Führung – kann auf Dauer nur erzielen, wer nach Verbesserung strebt. Entsprechend lern- und veränderungsbereit sind sie, speziell wenn sich gewisse Verhaltensweisen nicht mehr als zielführend erweisen – zum Beispiel, weil sich das Team geändert hat oder Markt neue bzw. erweiterte Anforderungen stellt.
7. Führungspersönlichkeiten können sich und andere motivieren
Im Unternehmensalltag gibt es immer wieder Herausforderungen, bei denen man zunächst denkt: „Das geht nicht“. Oder: „Das schaffe ich nie.“ Dann werfen gute Führungspersönlichkeiten nicht die Flinte ins Korn. Sie überlegen vielmehr: Wie kann ich das Ziel trotzdem erreichen, obwohl dies im Moment unmöglich erscheint? Diese Grundhaltung vermitteln sie auch ihren Mitarbeitern und ermutigen diese dazu, ebenfalls scheinbar unlösbare Aufgaben anzugehen. Auch weil die Mitarbeiter wissen: Wenn ich Unterstützung brauche, dann lässt mich mein Chef nicht im Regen stehen. Und wenn ein Versuch scheitert? Dann stellt er mich nicht an den Pranger.
8. Gesundheit der Führungspersönlichkeit
Top-Führungskräfte wissen: Das Erreichen herausfordernder Ziele gleicht einem Marathon. Nur wer körperlich und mental fit ist, ist auf Dauer voller Leistungskraft. Deshalb achten Führungskräfte auf ihre Gesundheit. Sie achten auch darauf, dass ihre Mitarbeiter zwar „brennen“, aber nicht „ausbrennen“. Deshalb bürden sie ihnen keine zusätzlichen Aufgaben auf, wenn diese schon am Limit arbeiten. Außerdem vereinbaren sie mit ihnen realistische Ziele.
9. Lebensbalance der Führungsperson
Im Unternehmens- und Führungsalltag gibt es immer wieder Phasen besonderer Belastung. Also brauchen Führungskräfte Orte zum Auftanken ihrer Energien. Deshalb achten Führungspersönlichkeiten darauf, dass ihr Leben insgesamt in Balance ist. Denn sie wissen: Nur wenn die Säulen Sinn, Beziehungen, Körper und Beruf ausgewogen und stabil sind, steht ihr Leben auf einem soliden Fundament. Sonst schlägt mein „Gefordert-sein“ schnell in ein „Überfordert-sein“ um. Wenn ihre Führung der Mitarbeiter diese dazu ebenfalls anleitet, tragen sie außerdem zu deren Gesundheit bei und reduzieren Fehlzeiten und Mitarbeiterfluktuation.